-
21. Juli 2023 | Lisa Knoll
Link zum Artikel wurde in die Zwischenablage kopiert.
Ende der 1960er-Jahre hatte sich die GSG flexibel und offen für modernes Bauen gezeigt. Im gesamten Stadtgebiet waren Wohnungen entstanden, die sich außen wie innen mit den geltenden Standards in der Bundesrepublik messen konnten. Und auch im neuen Jahrzehnt war die besondere Expertise der Wohnungsbaugesellschaft gefragt.
Das Jahr 1970 kündigte große Veränderungen für Oldenburg an und sollte die städtebauliche Entwicklung der kommenden Jahrzehnte maßgeblich beeinflussen.
Nachdem der Stadtrat unter Oberbürgermeister Hans Fleischer bereits 1959 den Beschluss gefasst hatte, Oldenburg zur Universitätsstadt zu machen, zog nun auch die niedersächsische Landesregierung nach und verfasste eine „Denkschrift zur Gründung der Universitäten Oldenburg und Osnabrück“.
Sofort schlugen die Makler Alarm. Die geplante Aufnahme des Lehrbetriebs 1971 sei viel zu früh, denn „wenn nicht bald etwas Entscheidendes passiert, werden wir in einer Flut obdachloser Studenten ersticken!“, wird ein besorgter Experte in der NWZ zitiert. Man rechnete mit einem zu großen Ansturm auf möblierte Zimmer, den der derzeitige Wohnungsmarkt der Stadt nicht bewältigen könne. Zu diesem Zeitpunkt studierten an der Ingenieurakademie bereits 600, an der Pädagogischen Hochschule 1.500 Studenten, auf ein möbliertes Zimmer kamen im Schnitt 15 Bewerber.
Zählbar
500.000
Quadratmeter Grünfläche
gehören 1973 zum Wohnungsbestand der GSG OLDENBURG.
Die Aufnahme des Lehrbetriebs mit rund 2.400 Studenten verschob sich schlussendlich bis ins Jahr 1974. Nun galt es, Wohnraum für eine Bevölkerungsgruppe zu schaffen, die bisher in Oldenburg eher eine untergeordnete Rolle spielte. Schon Mitte der 1960er-Jahre hatte die GSG durch den Bau eines Studentenwohnheims an der Huntemannstraße ihr Können im zielgruppenspezifischen Wohnungsbau bewiesen. Da wundert es wenig, dass die Wohnungsbaugesellschaft zu den ersten gehörte, die weitere ähnliche Bauten im Stadtgebiet ankündigte.
Mit dem stadtteilprägenden Hermann-Ehlers-Haus stellte die GSG einmal mehr ihr Können im zielgruppengerechten Bauen unter Beweis.
Die beiden drei- und elfgeschossigen Gebäude an der Eichenstraße waren im Frühjahr 1976 bezugsfertig und boten Platz für rund 200 Studenten. Bis heute gehört das Hermann-Ehlers-Haus zu den bekanntesten Studentenwohnheimen im Stadtgebiet und überzeugt durch die direkte Nähe zum Universitätsgelände und zu Einrichtungen des täglichen Bedarfs sowie durch eine gute Anbindung an das städtische Verkehrsnetz. Ein Prinzip, dem die Wohnungsbaugesellschaft bis heute treu geblieben ist.
Ein neuer Geschäftsführer
Zu Beginn des neuen Jahrzehnts standen für die GSG auch interne Veränderungen an. Der langjährige Geschäftsführer und Architekt Arnold Braune ging Ende 1971 in den wohlverdienten Ruhestand. Bei einer öffentlichen Ehrung wurde er von IHK-Präsident und GSG-Aufsichtsratsmitglied Gerhard Wachsmann als „profilierter Bauexperte mit großer Linie und doch persönlicher Note“ gelobt und erhielt von Oberbürgermeister Fleischer das Große Stadtsiegel verliehen. Seine Nachfolge trat Dieter Holzapfel an, zu dieser Zeit bereits stadtbekannt durch seine SPD-Mitgliedschaft im Stadtrat.
Holzapfel schrieb sich unter anderem auf die Fahnen, die Beziehung zur Mieterschaft weiter zu intensivieren. Das mieterorientierte Handeln der GSG schlug sich daher bald auch in einem Druckwerk nieder: 1973 erschien die erste Ausgabe von „Das Fenster“ – die erste Mieterzeitschrift der GSG. Die rund 30.000 Mieterinnen und Mieter wurden fortan regelmäßig über wichtige Neuerungen informiert. Bis heute pflegt die GSG ihren Kontakt zu den Mietenden unter anderem in dieser Form.
Dieter Holzapfel
Der gebürtige Oldenburger Dieter Holzapfel war schon in jungen Jahren ein engagierter Kommunalpolitiker. 1956 trat er in die SPD ein, 1964 wurde der damals 25-Jährige jüngstes Mitglied im Oldenburger Stadtrat. Nach zwei Jahren im Aufsichtsrat der GSG wechselte der diplomierte Rechtspfleger 1972 in die Geschäftsführung – eine Position, die er 32 Jahre innehaben sollte.
Dieter Holzapfel
Von 1991 bis 1996 war Holzapfel zudem letzter ehrenamtlicher Oberbürgermeister der Stadt Oldenburg. Bis heute engagiert er sich für das Deutsche Rote Kreuz. Anlässlich seines Ausscheidens aus der GSG-Geschäftsführung im Jahr 2004 gründete er eine Stiftung zur Förderung der Wohlfahrtspflege für Kinder. Aus den Geldern werden u.a. Kuraufenthalte bedürftiger Familien ermöglicht.
Das Schwesternwohnheim an der Klingenbergstraße bot modernen Wohnraum für angehende Krankenpflegerinnen.
Ein Wohnheim für Kreyenbrück
Neben den Studierenden konzentrierte sich die GSG Anfang der 1970er-Jahre auch auf eine weitere Zielgruppe, die verstärkt auf der Suche nach Wohnraum war: die Schwesternschülerinnen des Klinikums im Stadtsüden. An der Klingenbergstraße entstand in weniger als anderthalb Jahren Bauzeit das Schwesternwohnheim, das fortan zu den charakteristischsten Bauten des Stadtteils zählte. 75 möblierte Zweizimmerapartments, inklusive unverbautem Weitblick über den Stadtsüden, konnten im Jahr 1976 bezogen werden. Die knapp 42 Quadratmeter großen Wohnungen waren mit einer Nettomiete von 245 DM vergleichsweise günstig und erfreuten sich daher schnell großer Beliebtheit.
Wissenswert
Die Bautätigkeit vor dem Mauerfall
Zwischen 1970 und 1989 wurden in der Bundesrepublik mehr als zehn Millionen Wohnungen gebaut. Vor allem bis 1975 entfiel davon mehr als die Hälfte auf Mehrfamilienhäuser. Gerade einmal fünf Prozent aller Wohnungen wurden als Eigenheime errichtet. Bis zur Wende sank die Quote der Mehrfamilienhäuser deutlich auf 35 Prozent, gleichzeitig stieg die der Eigenheime auf 11 Prozent an.
Die Bautätigkeit der GSG nahm auch im Stadtnorden wieder Fahrt auf. Nachdem sich in den vergangenen Jahren an der Nadorster Straße und der Wilhelmshavener Heerstraße immer mehr Betriebe ansiedelten und mehr Häuser gebaut wurden, schuf die GSG hier 1977 ein Wohngebiet mit 31 Wohnungen für Ältere und 64 Wohnungen für Familien. Das Besondere: Die Zufahrt zur neu angelegten Straße Burenkamp schloss nicht etwa direkt an die Nadorster Straße an, sondern erfolgte über eine Seitenstraße. Vom Ende der Sackgasse führte nur ein Fußweg an die vielbefahrene Verkehrsader. So entstand ein ruhiges Wohngebiet – zentral, aber dennoch verkehrsberuhigt. Außerdem war durch den großzügigen, offen angelegten Innenhof allen Wohnungen eine Ausrichtung zur Sonnenseite zuteilgeworden.
„Wohnungsbau ist Gesellschaftspolitik, jedem Bürger soll eine seinen Verhältnissen angemessene Wohnung zur Verfügung gestellt werden. Diesem Anspruch werden wir gerecht, soweit es unsere Mittel erlauben.“
Geschäftsführer Dieter Holzapfel im August 1973 zu den Zukunftsplänen der GSG
Nicht nach Schema F
Konnte man Anfang der 1970er-Jahre noch einen starken Anstieg der bundesweiten Bauleistung und mit 700.000 fertiggestellten Wohnungen im Jahr 1973 sogar einen Rekord verzeichnen, holten die beginnende Konjunkturkrise und der fortschreitende Zins- und Baukostenanstieg die Optimisten schnell auf den Boden der Tatsachen zurück. Die direkte Wohnungsbauförderung nahm ab Mitte der 1970er-Jahre deutlich ab. Waren zwischen 1971 und 1975 noch 160.000 Wohnungen im gesamten Bundesgebiet gefördert worden, ließ sich schon im Laufe der frühen 1980er-Jahre nur noch etwas mehr als die Hälfte durch staatliche Förderung errichten. Einer der Gründe: Im sozialen Wohnungsbau wandte man sich gemäß staatlicher Verordnung zunehmend vom „Bauen für die breite Masse“ ab und konzentrierte sich stattdessen auf eine zielgerichtete Bebauung für spezielle Zielgruppen.
Auch die GSG griff diesen Trend auf und realisierte in den Folgejahren vermehrt Wohnungen für Ältere – ein Vorhaben, das sich angesichts der demografischen Entwicklungen der kommenden Jahrzehnte als goldrichtig erweisen sollte.
Im Jahr 1975 hatte Oldenburg 134.000 Einwohner. Nicht nur die gute wirtschaftliche Lage lockte neue Bürger in die Stadt. Oldenburgs Fußgängerzone war bundesweit bekannt und galt als Indiz für eine hohe Lebensqualität.
Wissenswert
Ganz vorn dabei
1979 wurde den Oldenburgern eine besondere Ehre zuteil. Laut einer Umfrage der Illustrierten „Bunte“ ist die Huntestadt die beliebteste Großstadt Deutschlands. Hier lebt, wohnt und arbeitet es sich in diesem Jahr am besten.
LESETIPP
Heft 3: Aufbruch in die Moderne
Es tut sich mächtig was im Hause GSG: Maßgeschneiderte Wohnkonzepte erschließen neue Zielgruppen, personelle Umbrüche sorgen für frischen Wind. In den Stadtteilen halten soziale Projekte Einzug und machen den Mieterinnen und Mieter zum Kunden.