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08. Dezember 2023 | Lisa Knoll
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Die Herausforderungen verändern sich – und mit ihr die Aufgaben für die GSG OLDENBURG. Der Bau von Wohnungen bleibt ein Standbein, der von Dienstleistungsgebäuden wird zum zweiten. Durch den Klimawandel landen Erkenntnisse aus vergangenen Jahrzehnten auf dem Prüfstand.
Bauen, Bauen, Bauen – diese Devise galt für die GSG über Jahre und Jahrzehnte. Auf diese Weise hat das Unternehmen vielen Vierteln Oldenburgs ein Gesicht gegeben. Zugleich gelang es, mithilfe des 1985 eingerichteten Sozialen Dienstes eine intensive Beziehung zu den Mieterinnen und Mietern nicht nur auf- sondern auch auszubauen. Für viele von ihnen war die GSG deshalb nie ein x-beliebiger anonymer Wohnungskonzern. Vielmehr begegnete man sich persönlich und partnerschaftlich.
Man ließ Taten sprechen und schenkte der goldenen Werberegel „Tue Gutes und rede darüber“ lange Zeit wenig Beachtung. Das änderte sich in den Nullerjahren, die GSG ging in die Kommunikationsoffensive.
Bildung am Bahnhof
An Anlässen, über das eigene Schaffen öffentlich zu sprechen, mangelte es zu keinem Zeitpunkt. Das vielleicht beeindruckendste Beispiel in jenen Tagen: der Neubau der Volkshochschule. Aber nicht irgendwo draußen am Stadtrand auf der grünen Wiese, sondern dort, wo sich Oldenburg seit einigen Jahren von einer besonders großstädtischen Seite zeigt: direkt gegenüber dem Zentralen Omnibusbahnhof (ZOB). Die GSG selbst hatte hier mit dem Bezug ihres Firmensitzes die Initialzündung für die rasante Entwicklung des Areals zwischen Hauptbahnhof und Weser-Ems-Hallen geliefert. Nun sollte eine neue Heimat für die Volkshochschule hinzukommen.
Das fünfgeschossige, komplett barrierefrei zugängliche Schulungs- und Verwaltungsgebäude der vhs an der Karlstraße bietet auf rund 4.300 Quadratmetern Platz für 35 Unterrichtsräume. ©Volker Kunkel, www.volkerkunkel.de
Im Herbst 2010 konnte die Inbetriebnahme einer der modernsten vhs-Zentralen Deutschlands gefeiert werden. „Für uns und die Erwachsenenbildung in Oldenburg eröffnen sich an diesem Standort ganz neue Horizonte“, betonte der damalige vhs-Direktor Hans-Peter Heyer stolz.
Zählbar
6,8
Mio. Euro
investierte die GSG OLDENBURG in den Bau der neuen Volkshochschule.
GSG-Geschäftsführer Stefan Könner machte darüber hinaus deutlich, dass sein Unternehmen „auch weiterhin und in Zukunft noch stärker“ seine „Rolle als Investor für gemeinwohlorientierte Wohn- und Dienstleistungsprojekte zur Geltung bringen“ werde. Und er unterstrich, dass ihn gerade vermeintlich schwierige und durch schier endlose Debatten zerredete Fälle reizten. „Sowohl beim Burghof in der Innenstadt als auch bei der Volkshochschule hat die GSG die Sache in die Hand genommen und die Diskussionen durch entschlossenes Handeln beendet.“ Eine Aussage, an die man sich in den kommenden Jahren noch mehrfach erinnern sollte.
Die modernste Jugendherberge im Nordwesten
Eine weitere Gelegenheit, sich einem gemeinwohlorientierten Bauprojekt zu widmen, ergab sich 2016. Im Mai wurden Pläne öffentlich, die marode Jugendherberge an der von-Finckh-Straße durch einen Neubau zu ersetzen – allerdings nicht am bisherigen Standort. Die Entscheidung fiel auf das ehemalige Grundstück des Betriebs- und Ausbesserungswerks der Deutschen Bahn, das direkt neben der GSG liegt. Die war selbstverständlich als Bauherrin mit an Bord und investierte rund acht Millionen Euro in das Vorhaben. Planung und Ausführung lagen in den Händen des Architekten Malte Selugga.
Malte Selugga
Der geschäftsführende Gesellschafter des 1967 von seinem Vater Rüdiger gegründeten Architekturbüros Selugga & Selugga wurde in der Stadt bekannt durch den Umbau und die Sanierung der Alten Fleiwa. Für diese Arbeit wurde er mit dem „Oldenburger Preis für praktische Denkmalpflege“ ausgezeichnet.
Die auf fünf Stockwerke verteilten 64 Ein- und Vierbettzimmer sowie die Tagungsräume, die Terrasse und die Gastronomie halten jedem Vergleich stand. Zur offiziellen Eröffnung Anfang November 2019 war auch der aus Hannover angereiste niedersächsische Ministerpräsident Stephan Weil voll des Lobes.
„Früher war es in Jugendherbergen kalt, laut, es gab roten Tee ohne Ende, und die Herbergseltern waren immer schlecht gelaunt. Das sieht hier alles ein bisschen anders aus.“
Stephan Weil, niedersächsischer Ministerpräsident
Die Oldenburger Jugendherberge zeigt in jeglicher Hinsicht Hotelstandard – zum Beispiel im Bistro Schirrmann’s.
Die Oldenburger Jugendherberge ist ein Inklusionsprojekt, genau wie jene in Leer und Aurich. Das heißt, hier arbeiten Menschen mit und ohne Handicap. „In der Jugendherberge bietet sich die Chance für ein inklusives Projekt, das Menschen mit Behinderungen eine Beschäftigung ermöglichen kann“, hatte Stefan Könner schon frühzeitig konstatiert – und damit über das konkrete Projekt hinausgehende Leitplanken für das soziale Engagement der GSG gesetzt. Die Partnerschaft mit den Gemeinnützigen Werkstätten erwies sich dabei als Eckpfeiler.
Am Kielweg ging man noch einen Schritt weiter. Um Menschen mit Beeinträchtigungen nicht zu isolieren, realisierte die GSG in einem bereits mit mehreren Mietobjekten bebauten Neubaugebiet ein viergeschossiges Mehrparteienhaus. Das Vorhaben entstand in enger Absprache mit den Gemeinnützigen Werkstätten und der Stadt Oldenburg, die auch einen erheblichen Teil der Kosten übernahm.
Das geplante „Haus für Autisten“ mit Therapie- und Betreuungsangeboten sowie einem Treff für die Bewohnerinnen und Bewohner gilt als einzigartig in Niedersachsen und Bremen.
Zu Beginn der 2020er-Jahre rückte ein weiteres Modellvorhaben auf die Agenda: das „Haus für Autisten“. Vertreterinnen und Vertreter einer Elterninitiative aus dem Oldenburger Autismus-Therapie-Zentrum, der Autismus-Therapie Weser-Ems gGmbH und der GSG hatten sich auf Vermittlung der Stadt Oldenburg im Februar 2017 getroffen, um die Möglichkeiten einer Zusammenarbeit auszuloten. Zwei Jahre später entschied man im Stadtrat, das sich in ihrem Besitz befindliche Grundstück auf dem Fliegerhorst an die GSG zu verkaufen. Sie baut jetzt neun Apartments mit 40 bis 50 Quadratmetern Wohnfläche, die speziell auf die Bedürfnisse von Menschen mit Asperger-Autismus ausgelegt sind. Mit der Fertigstellung wird zum Sommer 2023 gerechnet.
Engagiert in Stadt und Land
Auch im Landkreis Oldenburg, der über knapp zehn Prozent der Firmenanteile verfügt, kümmert sich die GSG um Wohnungen für Menschen, deren Einkommen nur niedrige Mieten zulassen. Anfang 2018 eröffnete die GSG am Kornweg in Wildeshausen einen ersten Neubau mit zwölf Wohneinheiten. Für sie fanden sich ebenso schnell Mieter wie beispielsweise bei Objekten an der Heidloge (ebenfalls in Wildeshausen) sowie in Harpstedt und Neerstedt.
Neues Leben auf dem Fliegerhorst
Für das derzeit größte und ambitionierteste Wohnbauprojekt der GSG fiel der Startschuss im September 2020 dann wieder in der Stadt Oldenburg. Auf dem Gelände des früheren Fliegerhorstes ist ein rund fünf Hektar umfassender Bereich für zukunftsweisenden Wohnraum vorgesehen, in dem Menschen jeden Alters und jeder Einkommensgruppe Platz finden sollen: das Quartier Helleheide.
Neue Mobilitätslösungen und eine klimafreundliche Energieversorgung sollen dem Quartier zusätzliche Attraktivität verleihen. Dazu wurde im Rahmen des Projekts „Energetisches Nachbarschaftsquartier“ (kurz ENaQ) eine Modellrechnung erstellt, die eine Reihe von Lösungen für eine klimafreundliche Strom- und Wärmeversorgung liefert.
Bis Ende 2024 wird die GSG das Quartier in zwei Bauabschnitten mit rund 230 Wohneinheiten, einer Quartiersgarage und einer Kindertagesstätte errichten. Mehr als die Hälfte der Mietwohnungen entstehen im Rahmen des geförderten Wohnungsbaus und verbleiben im Bestand. Auch in vier der sechs Bäkehäuser mit Blick auf die Ofenerdieker Bäke und den Kleinen Bürgerbusch sind Mietwohnungen geplant.
Was bleibt also vom Rückblick auf 100 Jahre GSG OLDENBURG?
Die Themen im Wohnungsbau haben sich geändert, neue Herausforderungen bestimmen unser Leben. Manche scheinen kaum beherrschbar, das macht vielen Menschen Angst. Dass die GSG in allen Zeiten die Fahne des Sozialen und des Miteinanders hochgehalten hat und weiterhin hochhält, ist gut zu wissen und beruhigend zugleich.
LESETIPP
Heft 4: Partner der Stadt
Der vierte und letzte Abschnitt der Zeitreise durch 100 Jahre GSG widmet sich den ersten beiden Jahrzehnten des neuen Jahrhunderts. Darüber hinaus nimmt er die Zukunft des Wohnungsbaus ins Visier und zeigt, wie konkret sie bereits ist.