Stefan Könner im Interview

„Nicht für uns, sondern für die Menschen“

Stefan Könner im Interview

„Nicht für uns, sondern für die Menschen“
  • 19. Januar 2024 | Lisa Knoll
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Stefan Könner ist seit 2004 Geschäftsführer der GSG. Seine Zeit zeichnet sich durch eine Vielzahl an Veränderungsprozessen aus, die er nicht nur anschob sondern auch moderierte. Im Gespräch blickt er auf die aktuellen und zukünftigen Herausforderungen im Wohnungsbau.

Herr Könner, mit welchen Ideen für die GSG sind Sie 2004 nach Oldenburg gekommen?

Stefan Könner:
Einer meiner Schwerpunkte war die Optimierung des Bauens, vor allem in puncto Effizienz. Ich habe vorher Großprojekte als Berater begleitet, deshalb hatte ich viele Ideen im Kopf, die wir gleich zu Beginn meiner Tätigkeit hier umgesetzt haben. Allerdings muss ich auch sagen, dass viele Dinge ganz anders kamen, als ich es mir vorgenommen hatte. Daneben stand auf meiner Liste, den Turnaround in die moderne Zeit zu schaffen und die Mitarbeitenden dabei mitzunehmen. Für viele war das vollkommen neu, sie kannten bis dahin nur einen einzigen Geschäftsführer und wussten, wie er tickt. Das war nicht so leicht, hat aber funktioniert.

Bevor es Stefan Könner für neue berufliche Herausforderungen nach Oldenburg zog, war der gebürtige Solinger beim Hamburger Wohnungsbauunternehmen SAGA tätig und leitete später das Gebäudemanagement am Universitätsklinikum Eppendorf.

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„Wenn ich meine Arbeitsstelle gewechselt habe, bin ich immer in die Stadt gefahren und habe mir die Menschen angesehen. Sind sie freundlich, sind sie eher mürrisch? Was strahlen sie aus? Es gab Städte, da habe ich nach diesem ersten Besuch sofort abgesagt. Bei Oldenburg war das anders. Da habe ich sofort gespürt, welch tolle Menschen das sind.“

Stefan Könner

2021 feierte die GSG ihr 100-jähriges Bestehen. Was war aus Ihrer Sicht das bedeutendste Ereignis in der Geschichte des Unternehmens?

Könner: Ganz klar die große Leistung des Aufbaus nach dem Krieg. Sie war für diese Stadt und ihre weitere Entwicklung essenziell. Das war ein enormer Kraftakt, vor dem ich meinen Hut ziehe. Wäre das nicht gelungen, würde Oldenburg heute ganz anders aussehen. Der gute Ruf, den die GSG nach wie vor besitzt, hat sicherlich auch mit dieser Zeit zu tun.

In den vergangenen Jahrzehnten war vor allem der Geschosswohnungsbau prägendes Element der Bautätigkeiten. Nicht immer wurde diese Wohnform von den Bürgerinnen und Bürgern Oldenburgs befürwortet. Wie ist es darum in Zukunft bestellt?

Könner: Die Zukunft wird viel flexibler sein als die Gegenwart. Das Verharren in Besitz wird für einen großen Teil der Menschen nicht mehr diese Bedeutung haben. Da ist ein Auto nicht mehr so wichtig, auch ein Eigenheim nicht. Das Statusdenken lässt nach. Und das wird, Stichwort Nachhaltigkeit, anders auch nicht mehr zu machen sein. Deshalb gehe ich davon aus, dass der Geschosswohnungsbau eine wirklich gute Zukunft hat. Gerade in den Innenstädten wird sich das Modell der Einfamilienhäuser nicht mehr realisieren lassen. Dazu kommt, dass die Qualität der Gebäude heute viel besser ist als noch vor Jahrzehnten.

Die GSG hat sich in den letzten Jahren stark dem zielgruppenorientierten Bauen zugewandt. Warum?

Könner: Es ist uns wichtig, Bedarfe zu decken, aber nicht Bedarfe zu wecken. Wir bauen nicht für uns, sondern für die Menschen, die versorgt werden wollen. Darauf haben sie einen Anspruch, und dem müssen wir Rechnung tragen. Wir sind das nie ideologisch angegangen. Vieles von dem, was wir vor zehn Jahren richtig fanden, haben wir inzwischen bereits wieder über Bord geworfen.

„Es ist eine große Stärke der GSG, flexibel auf die Bedürfnisse und Ansprüche zu reagieren. Und es ist auch eine meiner Stärken.“

Stefan Könner

Die Herausforderungen im Wohnungsbau haben sich geändert. Welche Themen stehen für die GSG im Vordergrund, wie stellen Sie sich ihnen?

Könner: Wir müssen in einem komplizierten Umfeld den richtigen Weg finden. Wir beschäftigen uns mit der Frage, wie Neubau in Zukunft funktionieren wird, wenn er bezahlbar sein soll. Oder: Wie klimagerecht, wie nachhaltig können wir agieren? Wie können wir mit dem Mangel an Handwerkern umgehen? Wir müssen uns diesen Herausforderungen stellen. Alles in allem dürfte die größte Aufgabe im Moment darin liegen, unseren Wohnungsbestand in punkto Nachhaltigkeit zukunftsfähig zu machen. Die Kosten sind dafür genauso hoch wie beim Neubau. Da bekommen wir aber eine höhere Miete, im Bestand können wir ja nicht plötzlich das Doppelte verlangen. Die Wohnungen der GSG müssen bezahlbar bleiben, das gilt weiterhin.

Welchen Beitrag kann die Wohnungswirtschaft zum Klimaschutz leisten?

Könner: Es gibt zwei Ebenen: unser Unternehmen in Richtung Nachhaltigkeit zu entwickeln und dies auch mit unseren Beständen zu tun. Wir müssen versuchen, das so gut und so effizient wie möglich zu machen. Ob wir es am Ende tatsächlich hinbekommen? Ich kann es nicht sagen. Schnellschüsse helfen niemandem, wir müssen den richtigen Weg finden. Nebenbei: Irgendwelche Hightech-Produkte, die niemand bedienen kann, in die Gebäude einzubauen, nützt uns auch nicht viel. Wir brauchen einfache und verständliche Lösungen, die auch für private Eigentümer interessant sein können. Denn Klimaneutralität kann die GSG niemals allein erreichen. Aber wir haben in dieser Hinsicht eine Art Vorbildfunktion.

In einem Interview haben Sie 2006 einmal gesagt, „Die Zukunft des Wohnens ist noch nicht klar definiert.“ Ist sie das heute?

Könner: Nein. Die Zukunft des Wohnens befindet sich gerade in einem sehr großen Spannungsfeld. Es gibt Ansprüche und Notwendigkeiten des Weltklimas und des sozialen Gefüges auf der einen Seite und die Menschen auf der anderen. Das passt nicht zwangsläufig zusammen. Wir können noch so viele Wege und Ziele definieren – wenn die Menschen nicht mitmachen, bringt das gar nichts. Vielleicht wollen sie ganz andere Wohnformen als die, die wir uns im Moment vorstellen. Das müssen wir herausfinden. Vieles auf der Welt ist im Fluss und im Umbruch, da kann und will ich keine Prognosen abgeben.

„Wir geben den Mietenden Sicherheit, sie können sich auf uns verlassen. Wir geben auch der Stadt Sicherheit. Denn unsere Durchschnittsmiete pro Quadratmeter liegt bei rund 6 Euro. Damit sind wir hier so etwas wie die Mietpreisbremse.“

Stefan Könner

Noch unter Ihrem Vorgänger fiel die Entscheidung, den Firmensitz in den Bereich nördlich des Hauptbahnhofs zu verlegen. Sie haben dann direkt nebenan die Volkshochschule und danach die Jugendherberge gebaut. Warum ist die GSG da tätig geworden?

Könner: Weil beides Einrichtungen sind, die eine Stadt lebenswert machen und das Sozialgefüge stärken. Sie machen ihre Attraktivität und Lebensqualität aus. Das sind Faktoren, die Menschen in eine Stadt kommen lassen. Sie fühlen sich hier wohl. Und im Übrigen lohnen sich solche Investitionen sogar; das kommt alles eines Tages zurück.

Herr Könner, eine persönliche Frage zum Schluss: Was wünschen Sie sich, was soll man später über Ihre Zeit als Geschäftsführer der GSG sagen?

Könner: Dass ich immer für den sozialen Aspekt gekämpft habe: Unsere Wohnungen sollen bezahlbar bleiben. Und dass mir die Menschen, die bei uns mieten, nie egal waren. Wenn das bliebe, wäre ich mehr als zufrieden.

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