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Fliegerhorst | Nachhaltigkeit
Das Energetische Nachbarschaftsquartier in Helleheide
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16. Februar 2024 | Alke zur Mühlen
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Ende 2023 zogen die ersten Bewohner:innen ins Energetisches Nachbarschaftsquartier Fliegerhorst Oldenburg (ENaQ) in Helleheide – ein Meilenstein für das zukunftsweisende Projekt. Wir stellen vor, was das Leben dort so besonders macht, und wie das Konzept entstanden ist.
Alles auf Neustart auf 190 Hektar – mit dem Kauf des ehemaligen Fliegerhorst-Geländes hat die Stadt Oldenburg die Chance genutzt, einen ganzen Stadtteil in attraktiver Lage von Grund auf neu zu schaffen. Gemeinsam mit den Bürger:innen. „Mitgestalten“ war das Motto des Masterplans. Viele Menschen haben sich eingebracht, zum Beispiel in Innovationscamps. Ergebnis: der Impuls für das Projekt Energetisches Nachbarschaftsquartier Fliegerhorst Oldenburg (ENaQ).
Bauabschnitte auf dem ehemaligen Gelände des Fliegerhorsts. Bauabschnitt F ist das Energetische Nachbarschaftsquartier Helleheide.
Es vereint den Wunsch, innovative Technologien und Konzepte rund um die Themen Energie, Bauen, Wohnen und Mobilität umzusetzen. Ein Konsortium von 21 Partner:innen aus Wirtschaft, Wissenschaft und Verwaltung hat sich gefunden, um eine Vision von der Zukunft städtischen Wohnens zu entwickeln: ein Wohnquartier mit Kita und Quartiersgarage, entwickelt von der GSG OLDENBURG als Eigentümerin des Grundstücks. Eingebettet werden das ENaQ und Helleheide in einen ganzen Stadtteil mit Schule, weiteren Kitas und einem emissionsarmen Gewerbegebiet.
Smart City Living Lab – Forschung im Alltagsleben
Der Quartiers-Entwurf machte schon im Vorfeld von sich reden: 2018 zählt er zu den Finalisten des Innovationspreises Niedersachsen. Die Umsetzung des Konzeptes wird durch die Förderinitiative Solares Bauen/Energieeffiziente Stadt des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie (BMWi) und des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) ermöglicht. Rund 18 Millionen Euro beträgt die Förderung für das Forschungsprojekt.
Das Projekt ENaQ startete im Jahr 2018 mit einer Laufzeit von zunächst fünf Jahren. Aber auch nach dem Förderzeitraum wird in Helleheide an der Zukunft städtischen Wohnens geforscht. Denn das Areal, das im Rahmen von ENaQ bebaut wird, ist ein sogenanntes Smart City Living Lab – ein „lebendes“ Labor, auch Reallabor genannt. Smarte Technologien, die uns das klimafreundliche Leben erleichtern sollen, wurden und werden eigens für das Baugebiet entwickelt und im laufenden Betrieb getestet und verbessert. Dazu gehören auch Apps, die die nachbarschaftliche Gemeinschaft erleichtern sollen: zum Beispiel das Teilen von Ressourcen oder die Organisation gemeinsamer Aktivitäten.
Das ENaQ in Zahlen
24
Eigentumswohnungen
34
geförderten Mietwohnungen
35
frei finanzierte Mietwohnungen
31
geförderte Apartments entstehen durch Umbau eines Gebäudes
300
Menschen finden im ENaQ Wohnraum
50
Prozent geförderter Wohnungsbau (für Menschen mit WBS)
185
Stellplätze und Lademöglichkeiten in der Quartiersgarage
4
-zügige Kindertagesstätte
2
Gemeinschaftsräume (einer mit angeschlossenem Wasch-Café)
Wohnen für alle gemeinsam gestalten
Die GSG OLDENBURG, seit 2019 Eigentümerin des Grundstücks, lässt ihre Expertise in die Entwicklung des Wohngebiets Helleheide einfließen. Etwa die Hälfte des 4 Hektar umfassenden Quartiers wird als Energetisches Nachbarschaftsquartiers entwickelt. Dort entstehen Wohnungen für etwa 300 Menschen. Dazu zählen Eigentumswohnungen und frei finanzierte Wohnungen ebenso wie geförderter Wohnraum. „Wir haben die Wohnungsarten und die einzelnen Zuschnitte bewusst vielfältig gestaltet, um möglichst viele Menschen zu erreichen“, erklärt Stefanie Brinkmann-Gerdes, bei der GSG zuständig für Wohnkonzepte. Sie begleitet das Projekt von Beginn an. „Die Ansprüche unterscheiden sich von Lebensphase zu Lebensphase.“ Ebenso wird für jede Einkommensklasse Wohnraum in Helleheide zu finden sein. Das Interesse ist groß. Seit das Projekt in der Öffentlichkeit bekannt ist, melden sich Interessent:innen bei der GSG OLDENBURG.
Besonders erfreulich: Viele nehmen das Angebot gerne an, frühzeitig an der Gestaltung des Quartiers mitzuwirken. In Bürgerwerkstätten treffen Sie sich mit Stefanie Brinkmann-Gerdes und Theresa Richter von der GSG sowie weiteren Projektpartnern. Sie erarbeiten dabei auch ganz lebenspraktische Lösungen für den Alltag. Für die Häuser, aber auch das ganze Quartier. Zum Beispiel die Gestaltung der Gemeinschaftsräume und Freiflächen. „Wir diskutieren Ideen in der Gruppe, holen uns aber auch Praxiswissen aus anderen Projekten.“ Aus einem Besuch des Urban-Gardening-Projekts in Donnerschwee kam etwa der Impuls, bei den Miethäusern auch Außenwasserhähne einzuplanen.
Autoarmes Quartier
Auch für das Thema Mobilität in Helleheide haben die Bürgerwerkstätten wertvolle Erkenntnisse geliefert. Das Quartier wird als Fußgängerzone autoarm gestaltet und gleichzeitig so, dass es attraktiver wird, klimafreundlich mobil zu sein. Es gibt Fahrradstell- und Ladeplätze direkt an den Häusern und eine Bushaltestelle zentral im Quartier. Dauerhafte Stellplätze gibt es nur für den barrierefreien Zugang. Alle anderen Autos fahren nur zum Ein- und Ausladen an die Häuser. Zum Parken und auf Wunsch auch Laden geht es ins Parkhaus, das ebenfalls die GSG OLDENBURG errichten lässt. Außerdem wird an einer quartiersinternen Car-Sharing-Lösung geforscht. Der PKW-Verkehr tritt in Helleheide zurück, es entstehen Freiräume für mehr Lebensqualität.
Am besten funktioniert dieser Ansatz, wenn alles für den täglichen Bedarf zu Fuß oder mit dem Rad erledigt werden kann. „Als wir mit der Bürgerwerkstatt den Nahraum untersucht haben, ist uns aufgefallen, dass eine Fahrradwerkstatt fehlt“, berichtet Stefanie Brinkmann-Gerdes. Und auch eine kurzfristige Lösung wurde gefunden. „Für den Start wird es eine Gemeinschafts-Station mit Werkzeug als Hilfe zur Selbsthilfe geben, ähnlich wie man sie in den Niederlanden oft findet.“ Langfristig ist es der Wunsch, einen Reparaturbetrieb in der Nähe anzusiedeln. Gespräche werden bereits geführt. „Wir haben in den Treffen alle richtig viel gelernt, auch über den Tellerrand hinaus,“ ist Stefanie Brinkmann-Gerdes begeistert vom partizipativen Ansatz.
Baufortschritt im Energetischen Nachbarschaftsquartier
Oktober 2023: Eigentumswohnungen bezugsfertig
Ende 2023: Fertigstellung von KiTa und Quartiersgarage
Ende 2024: Fertigstellung der geförderten Mietwohnungen (Neubau und Sanierungsgebäude)
In Planung: Ein weiteres Wohngebäude mit frei finanzierten Mietwohnungen
Energie von Nachbarn für Nachbarn
Ein weiteres Ziel ist es, das Quartier Helleheide zu einem großen Teil energieautark zu gestalten. Dafür sorgen bald Luft-Wasser-Wärmepumpen in Kombination mit Photovoltaik-Anlagen zur Stromproduktion. Sie versorgen ganze Nachbarschaften. Abgerechnet werden die Wärmelieferungen wie üblich nach Verbrauch je Wohnung. Und auch der Strom vom Dach wird als Mieterstrom angeboten. Genauso wie bei der Energie-Ampel. Über die kleinen Geräte im Flur jeder Miet- oder Eigentumswohnung sehen die Bewohner:innen jederzeit, ob gerade quartierseigener Strom zur Verfügung steht, und können ihren Verbrauch anpassen.
Aus dem Reallabor in weitere Quartiere
Auch wenn die intensive Arbeit im Konsortium mit dem Förderzeitraum endet: Das Projekt geht weiter. Die Mietwohnungen bleiben im Bestand der GSG OLDENBURG. Vom Projekt ENaQ und dem innovativem Wohnquartier soll perspektivisch die ganze Stadt profitieren. „Unser Ziel ist es, die Erkenntnisse aus dem Reallabor auch auf andere Wohnquartiere zu übertragen, damit möglichst alle Mietenden der GSG davon profitieren,“ erklärt Stefanie Brinkmann-Gerdes. „Zum Beispiel dadurch, dass der eigene Stromverbrauch sinkt, oder weil wir noch bessere Ansätze haben, um nachbarschaftliche Gemeinschaft zu fördern. Wir zählen dabei auch weiter auf das konstruktive, kreative Miteinander.“
Noch mehr Informationen gibt es unter www.helleheide.de