Wohnungsbau nicht voran?
WOHNUNGSWIRTSCHAFT Baukosten gestiegen – Novellierung der Niedersächsischen Bauordnung erleichtert Neu- und Umbau – Hoffnungsträger Gebäudetyp E
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„Wer heute baut, geht bankrott.“
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13. November 2024 | Claus Spitzer-Ewersmann
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Zurzeit fehlen in Deutschland rund 800.000 Wohnungen. Besonders eklatant ist der Mangel an kostengünstigem, dem sogenannten bezahlbaren Wohnraum. In Oldenburg sieht die Situation nicht anders aus – trotz jahrelanger intensiver Anstrengungen von Politik, Verwaltung und Bauwirtschaft.
„Richtig teuer“
Wenn es zu wenig Wohnungen gibt, warum wird dann nicht mehr gebaut? Auf diese naheliegende Frage hat Stefan Könner, Geschäftsführer der GSG OLDENBURG, eine einfache Antwort parat: „Weil Bauen richtig teuer geworden ist.“ Der Krieg in der Ukraine, explodierende Energie- und Materialpreise sowie gestiegene Zinsen haben die Kosten in die Höhe schnellen lassen. Viele Bauvorhaben seien deshalb nicht mehr rentabel umzusetzen, bestätigt Andreas Mattern, Präsident des Zentralen Immobilien-Ausschusses (ZIA), des Spitzenverbands der Immobilienwirtschaft. Und er warnt mit drastischen Worten: „Wer heute baut, geht bankrott.“
Als weiteren Grund für die Zurückhaltung beim Bau nennt Stefan Könner bürokratische Vorgaben. So musste etwa bis Mitte des Jahres für jede neue Wohnung zusätzlich ein Autostellplatz nachgewiesen werden. „Gerade im Hinblick auf die angestrebte Mobilitätswende war das nicht nachvollziehbar“, sagt Könner. Durch die Neufassung der Niedersächsischen Bauordnung ist diese Regelung ebenso entfallen wie die kostspielige Pflicht, einen Fahrstuhl zu installieren, wenn in einem bereits existierenden Gebäude das Dachgeschoss ausgebaut werden soll, um mehr Wohnraum zu schaffen.
Ziel der Novelle ist es, den Neubau ebenso zu vereinfachen wie den Umbau von Bestandsimmobilien. So sollen etwa Decken, Wände und Treppen oder auch der Schallschutz im Fall eines Umbaus künftig nur noch den Anforderungen im Baujahr der gesamten Immobilie entsprechen. Bislang galten die jeweils aktuellen Standards.
Kostensteigerung
Sanierungen früher vs. heute
Die dargestellten Kosten beziehen sich auf je ein Quadratmeter Wohnfläche.
Quelle: GSG OLDENBURG
Kosten reduzieren
Dass der Staat sich darüber hinaus einen erheblichen Teil am Baukuchen sichert, vergrößert das Problem noch: Für Grunderwerbsteuer, Umsatzsteuer, technische Baubestimmungen oder energetische Anforderungen fallen in Deutschland zusätzlich rund 37 Prozent an. Zum Vergleich: In Frankreich werden lediglich 19 Prozent fällig, in Österreich sogar nur sieben.
Unterm Strich, so betont Andreas Mattern vom ZIA, kommen alle Berechnungen zu einem Ergebnis: Erst bei einer Durchschnittsmiete von 21 Euro pro Quadratmeter lasse sich angesichts der momentanen Kostensituation eine schwarze Null schreiben. Zum Vergleich: Im geförderten Wohnungsbau besteht eine Bindung des Vermieters an eine Höchstmiete, die in Oldenburg zurzeit bei 6,10 Euro liegt. Eine Mieterhöhung um maximal 2,5 Prozent ist frühestens nach drei Jahren möglich.
Stefan Könner sieht nur zwei Möglichkeiten, dem Problem beizukommen: „Wir müssen dringend bei den Kosten runter und die staatliche Förderung des Wohnungsbaus wieder auf die Tagesordnung setzen.“ Sonst, so fügt der GSG-Geschäftsführer an, „kommen wir auf keinen grünen Zweig“. Beim Wohnungsbautag im April errechneten die wichtigsten Branchenverbände einen Förderbedarf in Höhe von jährlich 23 Milliarden Euro für den Neubau von 160.000 preiswerten Wohnungen.
Gebäudetyp E
Beim Verband der Wohnungs- und Immobilienwirtschaft (vdw) Niedersachsen Bremen ist man froh über die Reform der Landesbauordnung. „Wir brauchen ein Umdenken, um endlich wieder zu vertretbaren Kosten bauen zu können. Einfach Bauen ist die Zukunft“, erklärt vdw-Direktorin Susanne Schmitt. Ein Hoffnungsträger sei dabei der vom Bundesbauministerium ins Spiel gebrachte „Gebäudetyp E“. Er macht Abweichungen von geltenden Vorschriften möglich und schafft Raum für innovative, bislang nicht vorgesehene Ideen.
„Das dürfte helfen, die Herausforderungen zu meistern“, gibt sich Stefan Könner überzeugt. Grundsätzlich seien Klimaschutz und Barrierefreiheit wichtige Zukunftsthemen. „Aber auch Wohnen ist ein Menschenrecht und wir dürfen all dies nicht gegeneinander ausspielen.“ Und er macht daneben noch eine ganz einfache Rechnung hinsichtlich der Wohnbauförderung auf: „Je höher diese ausfällt, desto niedriger wird später die Summe sein, die der Bund an Mietzuschüssen zahlen muss.“