Inklusion im Netz

Der Weg zu barrierefreien digitalen Inhalten

Inklusion im Netz

Der Weg zu barrierefreien digitalen Inhalten
  • 17. April 2025 | Tamara Zimdahl
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Im digitalen Zeitalter entscheidet der Zugang zu Informationen darüber, wer mitreden kann und wer nicht. Während das Netz wächst, wachsen auch die Hürden. Wer stolpert, bleibt oft zurück. Eine Nachricht schreiben, einen Termin buchen, eine Rechnung bezahlen – all das ist nur ein paar Klicks entfernt. Doch was, wenn diese Klicks zur unüberwindbaren Hürde werden? Digitale Barrierefreiheit ist daher keine Nische, sondern eine Grundvoraussetzung für echte Inklusion.

Die Frage bleibt: Wie zugänglich sind digitale Angebote für alle? Besonders Websites und digitale Dienste, die für die gesellschaftliche Teilhabe entscheidend sind, bleiben oft unzureichend zugänglich. Das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz soll zwar Fortschritte bringen, doch die Realität sieht oft anders aus.

Irmela Weber, Jannik Weber und Adam Lichtenthäler sitzen am Esstisch. Jannik und Adam sitzen Arm in Arm.

V.l.n.r.: Irmela Weber, ihr Sohn Jannik und seine Assistenz Adam Lichtenthäler gaben im Gespräch Einblicke über ihre alltäglichen Herausforderungen.

Irmela Weber, Vorstandsvorsitzende der Lebenshilfe Oldenburg e. V., weiß aus erster Hand, wie digitale Barrieren den Alltag erschweren. Ihr Sohn Jannik, der mit Down-Syndrom geboren wurde, wird immer wieder mit den Einschränkungen digitaler Angebote konfrontiert. „Das Internet ist für Jannik und viele andere eine Welt voller Möglichkeiten – aber nur, wenn sie auch Zugang haben", so Weber. In ihren Gesprächen und Erfahrungen wird deutlich: Es ist nicht nur der Zugang zu Informationen, der entscheidend ist, sondern auch, wie diese zugänglich gemacht werden. Technologien wie Eye-Able bieten hier wertvolle Unterstützung – sie erleichtern das Surfen im Netz, doch sind nur ein Teil der Lösung.

Eyeable mockup nah dran

KURZ ERKLÄRT

Was ist Eye-Able?

Eye-Able ist ein Assistenz-Tool für barrierefreies Surfen im Internet. Es bietet verschiedene Anpassungsmöglichkeiten, um digitale Inhalte zugänglicher zu machen – darunter Kontrast- und Schriftgrößenanpassungen, Vorlesefunktionen und Navigationshilfen. Ziel ist es, Webseiten für alle Menschen nutzbar zu machen, unabhängig von individuellen Einschränkungen. Auch auf der Website der GSG kommt Eye-Able zum Einsatz. Über ein Symbol am rechten Seitenrand können Nutzer:innen dort verschiedene Funktionen aktivieren – unter anderem eine Ansicht in einfacher Sprache.

Der digitale Raum: für wen eigentlich?

Digitale Barrierefreiheit betrifft nicht nur Menschen mit Behinderungen. Auch ältere Menschen mit nachlassendem Sehvermögen oder motorischen Einschränkungen profitieren davon. Barrierefreiheit bedeutet, dass Inhalte verständlich sind und Navigationen intuitiv funktionieren. Doch oft bleibt sie auf einfache Anpassungen wie große Schrift oder hohe Kontraste beschränkt – und verpasst das Ziel, alle Nutzenden zu erreichen.

„Es reicht nicht, einfach nur Funktionen hinzuzufügen. Wir müssen die gesamte Nutzungserfahrung neu denken“, fordert Weber. Barrierefreiheit ist also nicht nur eine technische, sondern auch eine gesellschaftliche Herausforderung. Sie erfordert ein Umdenken: weg von bloßen Anpassungen hin zu einer nutzungsfreundlicheren und inklusiveren Gestaltung des digitalen Raums.

Für uns ist es wichtig, dass Menschen mit kognitiven Einschränkungen die gleichen Chancen haben, sich im digitalen Raum zurechtzufinden.

Irmela Weber, Vorstandsvorsitzende Lebenshilfe für Menschen mit Behinderungen Oldenburg e.V.

Technologie als Chance – aber auch als Herausforderung

Technologien wie Eye-Able können eine große Hilfe sein. Sie ermöglichen Jannik und anderen Nutzenden, das Internet barrierefreier zu erleben. Doch Weber weiß auch, dass diese Tools nicht die einzige Lösung sind: „Für uns ist es wichtig, dass Menschen mit kognitiven Einschränkungen die gleichen Chancen haben, sich im digitalen Raum zurechtzufinden. Oft werden die Inhalte nicht in einer verständlichen Weise präsentiert, es bedarf einer sogenannten ‚leichten‘ Sprache. Hier besteht noch großer Verbesserungsbedarf“, erklärt Weber. Diese Erkenntnis verdeutlicht, wie wichtig es ist, nicht nur die technischen Mittel zu hinterfragen. Auch die Art und Weise, wie Informationen vermittelt werden, ist von großer Bedeutung.

Jannik sitzt an seinem Schreibtisch. Seine Assistenz Adam steht hinter ihm und unterstützt ihn am Handy

Assistenz Adam Lichtenthäler hilft Jannik Weber im Alltag. Zum Beispiel auch bei der sicheren Nutzung von Smartphone und Co.

Die praktischen Erfahrungen der Lebenshilfe Oldenburg, haben noch weitere Handlungsfelder aufgezeigt, bei denen Menschen mit Behinderungen im Internet besondere Unterstützung brauchen. Notwendig wären besondere spezielle Tools, die „Gefahren im Netz“, abwehren: Betrug und Datenmissbrauch, beim Umgang mit Passwörtern oder – besonders im Social-Media-Bereich – Missbrauch bei der Verbreitung von Fotos und persönlichen Informationen.

Ein Kurs der VHS Oldenburg

Fit mit dem Handy"

Außenansicht des VHS-Hauses in der Karlstraße 1 in Oldenburg. Das moderne, mehrstöckige Gebäude mit großflächigem Wandmotiv steht an einer Straße mit Bäumen und Fahrradweg. Aufnahme bei Tageslicht.

Die VHS Oldenburg bietet in Zusammenarbeit mit der Lebenshilfe Oldenburg e. V. den Kurs „Fit mit dem Handy“ an. Er vermittelt grundlegende digitale Kompetenzen in leichter Sprache – von der Smartphone-Bedienung bis zur sicheren Nutzung des Internets. In diesem Kurs werden den Teilnehmenden praxisnah die nötigen Skills für den sicheren Umgang mit digitalen Geräten und Anwendungen nähergebracht. Weitere Kurse sind bereits in Planung, um Menschen weiterhin den Zugang zur digitalen Welt zu ermöglichen.

Ein digitaler Raum für alle – was noch fehlt

Der digitale Raum muss für alle Menschen zugänglich sein. Die Einführung von Tools zur Verbesserung der Barrierefreiheit ist ein Schritt in die richtige Richtung, aber es bleibt noch viel zu tun. „Barrierefreiheit ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe“, findet Weber. Es geht um Teilhabe und Chancengleichheit.

Fazit: Der Weg zu einem inklusiven digitalen Raum ist noch weit, aber notwendig. Technik kann helfen, doch sie allein reicht nicht aus. Es braucht ein Umdenken – weg von Mindeststandards, hin zu echter digitaler Teilhabe. Barrierefreiheit muss zur Selbstverständlichkeit werden – nur so wird das Netz wirklich allen gerecht.

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