Lernen, Erinnern, Begegnen
Lernen, Erinnern, Begegnen
-
06. Juni 2025 | Lisa Knoll
Link zum Artikel wurde in die Zwischenablage kopiert.
Auf dem Gelände der ehemaligen Kaserne Donnerschwee entsteht derzeit ein partizipativer Lern- und Erinnerungsort. Dafür arbeitet der Verein Jugendkulturarbeit eng mit Oldenburger Schulen zusammen. Mathias Chrzan ist für die pädagogische Begleitung des von der GSG OLDENBURG unterstützten Projekts zuständig und berichtet über den Stand der Planungen.
Der Verein Jugendkulturarbeit betreibt das Internationale Jugendprojektehaus auf dem ehemaligen Kasernengelände Donnerschwee. Unter den Vereinsgebäuden in der Weißen Rose 1 befinden sich ein Luftschutzkeller und ein ABC-Bunker. „Diese unterirdischen Räume nutzte die deutsche Wehrmacht als nachrichtendienstliche Zentrale zur Kommunikation für den gesamten Nordwesten des Deutschen Reichs“, erklärt Vereinsmitarbeiter Mathias Chrzan. Bisher dienen sie dem Verein lediglich als Lager und Archiv. Nun soll hier ein partizipativer Lern- und Erinnerungsort entstehen. Schüler:innen unterschiedlicher Schulformen außerhalb der Gymnasien sind daran beteiligt. Die GSG OLDENBURG ist mit einer Projektförderung an Bord.
Frage:
Was macht der Verein Jugendkulturarbeit?

Was macht der Verein Jugendkulturarbeit?
Der Oldenburger Verein widmet sich seit 1995 der kulturellen, internationalen und politischen Bildung – zum Beispiel in Form von Austauschprogrammen und Workshops. Zuhause ist er auf dem ehemaligen Kasernengelände Donnerschwee, im Internationalen Jugendprojektehaus in der Weißen Rose 1.
Eine Bildungsstätte zur Weimarer Republik
„Mithilfe der Geschichte, die in diese Mauern eingeschrieben ist, soll eine außerschulische Bildungs- und Begegnungsstätte rund um die Weimarer Republik entstehen“, so Chrzan. Hier werden künftig sowohl regional verankerte Ereignisse als auch nationale Entwicklungen thematisiert – zum Beispiel der Matrosenaufstand in Wilhelmshaven und die Einführung des Frauenwahlrechts im Zuge der Novemberrevolution 1918. „Es gibt in Niedersachsen schon einige sehr gute Bildungsstätten, die sich mit der Zeit des Nationalsozialismus befassen. Wir wollen uns deshalb bewusst auf die Zeit unmittelbar davor konzentrieren.“
Wie ist die Weimarer Republik entstanden? Und welche politischen und gesellschaftlichen Ereignisse führten dazu, dass das nationalsozialistische Gedankengut zunehmend an Einfluss gewinnen konnte? Diese und weitere Fragen soll der Lern- und Erinnerungsort in der Weißen Rose 1 beantworten. „Über all dem steht die Überlegung, wie man Erinnerungskultur im Jahr 2025 neu denken kann – im Stadtteil verankert, eingebettet in eine moderne Migrationsgesellschaft.“
„Wir sehen uns in erster Linie als Möglichmacher:innen für das, was die Schüler:innen möchten.“
Mathias Chrzan, pädagogische Projektbegleitung
Hand in Hand mit Oldenburger Schulen
Vier Schulen sind maßgeblich am Projekt „Demokratie entsteht im Untergrund“ beteiligt: die OBS Alexanderstraße, die OBS Osternburg, die FöS am Voßbarg in Rastede, die IGS Kreyenbrück und die IGS Flötenteich. „Bei der IGS Flötenteich hat sich vor allem die Klasse 9 b besonders ins Projekt eingebracht und viele tolle Ideen beigesteuert“, betont Chrzan. Ein Teil der Räume soll sich den geschichtlichen Entwicklungen widmen. Der Rest soll von den Schüler:innen selbst bespielt werden – eine ganz bewusste Entscheidung seitens des Vereins: „Wir sehen uns in erster Linie als Möglichmacher:innen für das, was die Schüler:innen möchten.“ Angedacht sind für den ehemaligen Luftschutzkeller zum Beispiel Ausstellungen, Projektarbeiten oder Veranstaltungen. Auch eine Kooperation mit dem Stadtmuseum soll es geben. Für den benachbarten ABC-Bunker steht ebenfalls schon eine Gestaltungsidee im Raum: Hier wünschen sich die Schüler:innen einen Treffpunkt mit Platz für Bandproben, Konzerte, Gaming und Partys. Eine gute Idee, findet Mathias Chrzan, denn am Ende sollen die Räume nicht nur der Bildung und Erinnerung dienen, sondern auch ein Ort der Begegnung sein.
GUT ZU WISSEN
Was ist ein ABC-Bunker?
Ein ABC-Bunker bietet Schutz vor atomaren, biologischen und chemischen Gefahren, also zum Beispiel vor Gefahrgutunfällen. Im Zweiten Weltkrieg wurden viele solcher Bunker gebaut, um die Zivilbevölkerung vor Angriffen zu schützen. Heute liegt der ABC-Schutz im Aufgabenbereich des Bundesinnenministeriums.
Große Unterstützung von Politik und Unternehmen
Die finanzielle Unterstützung der GSG OLDENBURG ermöglichte die ersten Arbeiten auf der Baustelle. „Wir haben im Luftschutzkeller Mauern abgebrochen, um die Räume zu vergrößern und nutzbar zu machen, haben Wände neu verputzt und gestrichen“, berichtet Mathias Chrzan. Einige wichtige Schritte sind also geschafft. Zu tun gibt es aber noch immer eine ganze Menge. Zum Beispiel muss eine Lüftungsanlage installiert und ein barrierefreier Zugang per Fahrstuhl ermöglicht werden.


„Wir stoßen in Politik und Wirtschaft zum Glück auf reges Interesse an unserem Projekt“, freut sich Chrzan. Mit dem SPD-Bundestagsabgeordneten Dennis Rohde, dem SPD-Landtagsabgeordneten Ulf Prange sowie der Grünen-Landtagsabgeordneten Lena Nzume haben sich bereits drei Oldenburger Politiker:innen in einem Vor-Ort-Besuch einen persönlichen Eindruck vom geplanten Vorhaben verschafft und ihre Unterstützung zugesagt.
Das „Kultopia“-Festival als gemeinsamer Startschuss
Und wann können die Oldenburger:innen mehr über den neu entstehenden Lern- und Erinnerungsort erfahren? „Die Eröffnung der Projektbaustelle ist eingebettet in das ‚Kultopia‘-Festival, das ab dem 12. Juni auf dem Gelände der alten Kaserne Donnerschwee stattfindet“, berichtet Mathias Chrzan. „Interessierte Bürger:innen sind herzlich eingeladen, vorbeizuschauen und sich über unser Vorhaben zu informieren.“ Für die Eröffnung des Festivals hat Landtagspräsidentin Hanna Naber bereits ihr Kommen angekündigt.

Beim Kultopia Festival in Donnerschwee zeigen junge Menschen vom 12. bis 29. Juni 2025, wie aus Ideen gelebte Demokratie entsteht.
Begleitend findet unter dem Titel „Demokratie entsteht im Untergrund – Erinnerung und Zukunft vor Ort“ vom 12. bis zum 14.Juni 2025 in Kooperation mit der Stadt Oldenburg und dem deutsch-polnischen Jugendwerk eine internationale Fachtagung statt. Teilnehmende aus Bremerhaven, Sachsenhausen, Bergen-Belsen, Gdansk, Lublin und Kakau werden mit ihrer Expertise erwartet. Hierdurch erfahren die Schüler:innen viel über Vermittlung und Ausstellung von Erinnerungskultur und wie sie selbst diese Erfahrungen nutzen können.
Im Anschluss finden auf dem Gelände die jährlichen Jugendtheatertage und erstmals auch die Kindertheatertage statt. Außerdem feiert der Verein Jugendkulturarbeit in diesem Jahr auch noch sein 30. Bestehen auf dem Kultopia-Festival. Noch ein Grund mehr also, dem Verein Jugendkulturarbeit bald einen Besuch abzustatten. Das vielfältige Festival-Programm hält für jede:n das passende Angebot bereit.
Im Überblick
Das Programm des „Kultopia“-Festivals

Wann?
vom 12. bis 29. Juni 2025
Wo?
Internationales Jugendprojektehaus, Weiße Rose 1
Was?
13. und 14. Juni: Festival-Auftakt mit Workshops, Lesungen und Open-Air-Konzerten
Außerdem:
- 12. bis 14. Juni: Internationale Fachtagung
- 16. bis 19. Juni: Kindertheatertage
- 23. bis 29. Juni: Jugendtheatertage
Mehr Infos zum Programm gibt’s auf www.jugendkulturarbeit.eu/kultopia.html und @jugendkulturarbeit bei Instagram.
Weitere Artikel aus dem Bereich Kultur

World Press Photo 2023 in Oldenburg: Eine Reise durch Visuelle Geschichten
Die faszinierende Welt des Fotojournalismus kommt nach Oldenburg – mit der World Press Photo 2023. Die Ausstellung im Landesmuseum Kunst & Kultur... lesen
Ein Film über Städte im Ausverkauf
Der Film „Sold City – wenn Wohnen zur Ware wird“ wirft einen kritischen Blick auf die Entwicklungen auf dem Wohnungsmarkt seit der Abschaffung der... lesen